Forschung und Entwicklung

Das frühzeitige Erkennen von zukunftsweisenden und zukunftsrelevanten Entwicklungen in den immer komplexer werdenden Bereichen Gesellschaft, Politik, Technologie, Umwelt und Wirtschaft stellt eine wichtige Grundlage für Innovationen und somit auch für unseren unternehmerischen Erfolg dar. Forschungseinrichtungen des Volkswagen Konzerns in den wichtigsten Automobilmärkten der Welt beobachten zukunftsweisende Entwicklungen direkt vor Ort und gewinnen so wichtige Erkenntnisse für die Zukunftssicherung des Konzerns.

Im Berichtsjahr konzentrierten wir unsere Forschungsaktivitäten auf die Gestaltung zukunftsweisender und -sichernder Mobilitätslösungen sowie auf den Aufbau innovativer und wettbewerbsstärkender Technologiekompetenzen. Bei den Entwicklungsaktivitäten fokussierten wir uns auf die Erweiterung der Produktpalette sowie auf die Verbesserung von Funktionalität, Qualität, Sicherheit und Umweltverträglichkeit unserer Produkte.

Das Zukunftsprogramm „TOGETHER – Strategie 2025“ gibt die Leitplanken für die Neuausrichtung der konzernweiten Forschungs- und Entwicklungsarbeit vor: Gemeinsam mit den Marken haben wir eine Strategie für Forschung und Entwicklung im Konzern formuliert und bereits erste Initiativen gestartet. Dadurch fokussieren sich die Marken auf die Entwicklung der Zukunftsthemen und stärken zielgerichtet den Entwicklungsverbund – zum Beispiel, um Synergien und Effizienzen bereits in der frühen Produktentwicklungsphase zu nutzen.

Das Technologiemanagement des Volkswagen Konzerns richtet die frühen Entwicklungsaktivitäten auf die Zukunftsthemen des Automobilsektors aus, verbindet Innovationsbereiche wie das Service-Design mit den traditionellen, produktbezogenen Themen und unterstützt damit den Wandel des Volkswagen Konzerns zu einem nachhaltigen Mobilitätsanbieter. Alle unsere Mobilitätskonzepte orientieren sich konsequent an den Kundenbedürfnissen.

CO2-EMISSION DER EUROPÄISCHEN (EU28) PKW-NEUWAGENFLOTTE DES VOLKSWAGEN KONZERNS
in Gramm pro Kilometer
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CO2-Emission der Europäischen (EU 28) PKW-Neuwagenflotte des Volkswagen Konzerns (Balkendiagramm)

1 Vorbehaltlich der offiziellen Veröffentlichung der EU-Kommission im jährlichen CO2-Flottenmonitoring.

Antriebs- und Kraftstoffstrategie

Die EU-Pkw-Neuwagenflotte des Volkswagen Konzerns (ohne Lamborghini und Bentley) hat im Berichtsjahr im Durchschnitt 120 g CO2/km1 emittiert und damit den für 2016 gültigen europäischen Grenzwert von 130 g CO2/km deutlich unterschritten. Die Marken Lamborghini und Bentley besitzen als Kleinserienhersteller jeweils eine eigenständige Flotte im Rahmen der europäischen CO2-Gesetzgebung und haben ihre individuellen Zielwerte ebenfalls eingehalten.

In der EU wird das bestehende Testverfahren für Abgas und Verbrauch ab Herbst 2017 durch die Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure (WLTP) sukzessive abgelöst. Ziel dieses neuen Testzyklusses ist, CO2-Emissionen und Verbräuche praxisnäher anzugeben und dabei höhere Geschwindigkeiten und Fahrdynamik sowie die vom Kunden gewählte Sonderausstattung zu berücksichtigen.

Die Antriebs- und Kraftstoffstrategie des Volkswagen Konzerns weist den Weg zu einer CO2-neutralen und nachhaltigen Mobilität. Ziel ist es, mit jeder neuen Modellgeneration die Effizienz der Antriebe zu steigern – unabhängig davon, ob es sich um Verbrennungsmotoren, Hybrid-, Plug-in-Hybrid-, reine Elektroantriebe oder Brennstoffzellensysteme handelt.

Das Antriebsportfolio wird größer und es wird zukünftig verstärkt eine Koexistenz von klassischen Antrieben und Elektromobilität geben. Unsere aktuellen modularen Baukästen sind so aufgebaut, dass alle Antriebssysteme eingesetzt und an den Produktionslinien unserer weltweiten Standorte flexibel verbaut werden können.

Aus heutiger Sicht wird der Verbrennungsmotor auch in den nächsten Jahren die breite Basis für Antriebe bilden. Im Interesse eines verantwortungsvollen Umgangs mit Ressourcen ist es deshalb unerlässlich, die herkömmlichen Verbrennungsmotoren immer weiter zu verbessern.

Im Bereich der konventionellen Verbrennungsmotoren arbeiten wir kontinuierlich an Technologien zur effizienten Abgasreinigung und sauberen Verbrennung, um die Schadstoffemissionen weiter zu senken. Von Mitte 2017 an werden schrittweise alle direkteinspritzenden TSI- und TFSI-Motoren der Konzernfahrzeuge mit Ottopartikelfiltern ausgestattet.

Bei Fahrzeugen mit klassischem Antrieb konnten wir den durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch deutlich reduzieren; erreicht haben wir das durch verschiedene effizienzsteigernde Maßnahmen. Im Jahr 2016 wurden die neuen V6- und V8-Ottomotoren für das Premium- und Sportwagensegment erstmals in Serie eingesetzt, zum Beispiel im neuen Porsche Panamera. Die Motoren zeichnen sich durch ein dynamisches Fahrverhalten mit hohem Komfort bei besonderer Effizienz aus.

Volkswagen hat im Berichtsjahr die TSI-Motorenfamilie weiterentwickelt: Die neue Generation feiert im Frühjahr 2017 ihr Debüt mit dem 1.5 TSI evo im neuen Golf. Folgen wird unter anderem eine BlueMotion-Variante mit 96 kW (130 PS). Der TSI evo untermauert die Strategie, mittels modularer Technologiebaukästen in der Großserie wegweisende Technologien für die Kunden zur Verfügung zu stellen.

Die klassische Motorenpalette ergänzen wir durch die Elektrifizierung des Antriebsstrangs. Der Anteil der Autofahrer, die vorwiegend Kurzstrecken zurücklegen, nimmt stetig zu. Zu ihnen zählen Pendler und Bewohner von Großstädten, aber auch der städtische Lieferverkehr. Emissionsfrei fahrende, reine Elektrofahrzeuge wie der e-up! und der e-Golf sind besonders gut für Kurzstrecken geeignet und deshalb vor allem für diesen Nutzerkreis interessant. Private Möglichkeiten, die Batterie des Fahrzeugs aufzuladen – etwa beim Kunden installierte Ladestationen – müssen mittel- bis langfristig um eine gute öffentliche Ladeinfrastruktur ergänzt werden.

Die meisten Kunden möchten mit ihrem Fahrzeug bei Bedarf auch längere Strecken zurücklegen können. Hybridfahrzeuge, insbesondere der Plug-in-Hybrid, vereinen hoch effiziente Verbrennungsmotoren mit emissionsfreien Elektromotoren. Diese Verbindung der Antriebskonzepte ist aus unserer Sicht eine Möglichkeit, um den Kunden in vielen Fahrzeugklassen elektrifizierte Modelle für die verschiedensten Mobilitätsansprüche anzubieten, Vertrauen in die neue Technologie aufzubauen und so der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen.

In der Fahrzeugentwicklung treiben alle Konzernmarken den Ausbau der Elektrotraktion voran. Mit Hilfe zusätzlicher Fachkräfte und Experten haben wir unser Know-how auf diesem Gebiet ausgebaut. Basierend auf den Erfahrungen bestehender Fahrzeugarchitekturen wurde für das Kompaktsegment der Modulare Elektrifizierungsbaukasten (MEB) konzipiert, der von mehreren Marken für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge gleichermaßen genutzt werden kann. Der MEB ermöglicht die Entwicklung besonders emotionaler Fahrzeugkonzepte und erlaubt rein elektrische Reichweiten von 300 bis 600 km. Zudem können fahrzeugspezifische Anforderungen berücksichtigt und durch Bündelung von Einkaufsvolumina Preisvorteile erzielt werden. Dank der Baukastenstrategie des Volkswagen Konzerns lassen sich Module über Baureihen und Marken hinweg einsetzen und dadurch hohe Synergieeffekte erzielen. Das gilt insbesondere für Modelle, die auf der gleichen Plattform basieren. Die Fertigung elektrifizierter Fahrzeuge haben wir in die Produktionsabläufe bestehender Werke integriert, etwa in Wolfsburg, Emden, Bratislava, Ingolstadt und Leipzig. Die Elektromotoren werden in unserem Werk in Kassel produziert.

Herzstück der Elektrofahrzeuge ist die Batterie – ihr Energieinhalt bestimmt maßgeblich die Leistungsfähigkeit und Reichweite des Fahrzeugs. Angesichts des in den kommenden Jahren ansteigenden Markt- und Absatzvolumens von Elektrofahrzeugen wird der Volkswagen Konzern die Batterietechnologie als neues Kompetenzfeld aufbauen. Aktuell verwenden wir bei reinen Elektro- und Plug-in-Hybridfahrzeugen Lithium-Ionen-Zellen, die wir im Werk Braunschweig zu Batteriesystemen zusammenbauen. Derzeit werden Batterietypen auf Basis von Feststoff-Elektrolyten erforscht, die eine höhere Energiedichte bieten und eine höhere intrinsische Sicherheit aufweisen. Elektro- und Plug-in-Hybridfahrzeuge der nächsten Generation werden mit verbesserter Lithium-Ionen-Technologie ausgestattet sein.

Im Jahr 2016 haben wir die visionäre Studie I.D. vorgestellt. Das Zero-Emission-Vehicle mit einer Reichweite von bis zu 600 km soll 2020 auf den Markt kommen und ist der erste Vertreter einer komplett neuen Flotte hochinnovativer Elektrofahrzeuge auf Basis des MEB. Mit dem Audi Q7 3.0 l TDI e-tron quattro erweiterte Audi die Palette seiner e-tron-Modelle. Darüber hinaus stellte Volkswagen Nutzfahrzeuge im Berichtsjahr die Studie e-Crafter vor. Der erste rein elektrisch angetriebene Crafter ist mit einer Reichweite von über 200 km eine seriennahe Lösung für den emissionsfreien innerstädtischen Lieferverkehr. MAN präsentierte 2016 einen vollelektrischen MAN Lion’s City Gelenkbus als modulares Konzeptfahrzeug, eine TGS-Sattelzugmaschine mit Elektroantrieb für Einsätze in der innerstädtischen Nachtbelieferung sowie verschiedene Konzepte zur Ladeinfrastruktur.

Bis zum Jahr 2025 planen wir im Rahmen des Zukunftsprogramms „TOGETHER – Strategie 2025“ im gesamten Konzern die Produktion von mehr als 30 rein batterieelektrischen Fahrzeugen.

Beim Erreichen des Ziels der CO2-neutralen Mobilität spielen neben Elektrofahrzeugen auch Erdgasmotoren eine wichtige Rolle. Aufgrund der chemischen Zusammensetzung des Kraftstoffs liegt ihr CO2-Ausstoß etwa 25 % unter dem von Benzin. Volkswagen erweitert mit dem neuen 1.0 l Dreizylinder-TGI-Motor mit 66 kW (90 PS) sein Angebot umweltfreundlicher Antriebskonzepte. Durch die konsequente Weiterentwicklung von Brennverfahren und Aufladung werden eindrucksvolle Verbrauchswerte und ansprechende Fahrleistungen erreicht.

Zur weiteren CO2-Reduzierung des Verbrennungsmotors können regenerative Kraftstoffe einen wesentlichen Beitrag leisten. Diese sind eine gute Ergänzung zur Elektromobilität, zum Beispiel auf der Langstrecke. Außerdem können sie auch kurzfristig den Gesamt-CO2-Ausstoß von Bestandsfahrzeugen senken. In einer Kraftstoff-Modellregion sollen bestehende Lösungen umgesetzt und weiterentwickelt sowie neue Ansätze erforscht werden. Darüber hinaus beteiligt sich Volkswagen an Kooperationsprojekten, die die Möglichkeiten der Herstellung von Benzin, Diesel und Gas aus regenerativer Energie untersuchen. Audi baute 2016 die Kapazitäten für die Produktion seines nachhaltig erzeugten e-gas aus und setzte mit der deutschlandweit ersten Power-to-Gas-Anlage mit biologischer Methanisierung im industriellen Maßstab einen Meilenstein. Zudem stellte Audi ein weiteres g-tron Modell vor: Ebenso wie der A3 g-tron und der A4 g-tron lässt sich auch der Audi A5 Sportback g-tron wahlweise mit klimaschonendem Audi e-gas beziehungsweise Erdgas (CNG) oder Benzin betreiben.

Wasserstoff wird mittelfristig noch nicht flächendeckend als Kraftstoff zur Verfügung stehen. Sowohl Tankstellen als auch Produktionsstätten für regenerativen Wasserstoff müssen aufgebaut werden. Volkswagen arbeitet seit vielen Jahren an der Brennstoffzellen-Technologie und hat beim Betrieb von Testflotten umfangreiche Erfahrungen damit gesammelt. Im Berichtsjahr gab Audi einen konkreten Ausblick auf den Wasserstoffantrieb und stellte die Konzeptstudie h-tron quattro concept vor, ein sportlicher SUV mit Wasserstoff als Energiequelle, der sich in rund vier Minuten vollständig mit Wasserstoff betanken lässt und eine Reichweite von 600 km ermöglicht.

Life Cycle Engineering und Recycling

Innovationen und neue Technologien zur Verringerung des Kraftstoffverbrauchs reichen nicht aus, um die Wirkung von Fahrzeugen auf die Umwelt zu minimieren. Wir betrachten daher den gesamten Produktlebenszyklus unserer Fahrzeuge – inklusive der Rohstoffgewinnung und der Komponentenfertigung – und erstellen Lebenszyklusanalysen gemäß den ISO-Normen 14040 und 14044. Auf dieser Basis ermitteln wir, wo Verbesserungen den größten Effekt haben und entwickeln Innovationen, die genau an diesen Punkten ansetzen. Wir nennen dies Life Cycle Engineering.

Die Marke Volkwagen Pkw berichtet über die Ergebnisse in sogenannten Umweltprädikaten. Sie zeigen den ökologischen Fortschritt neuer Fahrzeugmodelle gegenüber dem jeweiligen Vorgängermodell auf. Audi publiziert diese Informationen unter dem Begriff Umweltbilanz, SEAT stellt entsprechende Informationen innerhalb des Produktkatalogs bereit. Auch für das Schwerpunktthema Wasser setzen wir das Instrument der Lebenszyklusanalysen ein: Auf dieser Grundlage berechnen und analysieren wir die Wassermengen, die für ein Fahrzeug während seines gesamten Lebenszyklus verbraucht werden (Water Footprint), und können so gezielte Maßnahmen ergreifen, um den Wasserverbrauch zu verringern. Darüber hinaus nutzen wir die Ergebnisse unserer Lebenszyklusanalysen zur Erstellung des sogenannten Scope-3-Inventars. In Übereinstimmung mit den vom World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) und dem World Resources Institute veröffentlichten Scope-3-Standards berichten wir CO2-Emissionen zu zwölf von insgesamt 15 Scope-3-Kategorien; damit gehören wir zu den führenden Unternehmen der Automobilbranche. Weitere Informationen finden Sie im Nachhaltigkeitsbericht 2016 des Volkswagen Konzerns.

Da wir die Wirkung unserer Fahrzeuge auf die Umwelt gemeinsam mit unseren Lieferanten minimieren wollen, ist Volkswagen 2015 dem CDP Supply Chain Program beigetreten, in dem Treibhausgasemissionen in der gesamten Wertschöpfungskette erfasst werden. Den direkten Kontakt zu unseren Lieferanten suchen wir in spezifischen Workshops, in denen wir gemeinsam innovative Ansätze für die ökologische Optimierung bestimmter Bauteile diskutieren und entwickeln.

Auch Recycling leistet einen wesentlichen Beitrag, um die Wirkung unserer Produkte auf die Umwelt zu verringern und Ressourcen zu schonen. Dabei geht es nicht nur um die Verwertung von Fahrzeugen am Ende der Lebensdauer – vielmehr beachten wir bereits bei der Entwicklung neuer Fahrzeuge die Recyclingfähigkeit der benötigten Werkstoffe, die Verwendung von qualitativ hochwertigem Recyclingmaterial und die Vermeidung von Schadstoffen. Unsere Altfahrzeuge können zu 85 % recycelt und zu 95 % verwertet werden. Aspekte der Nutzungsphase beziehen wir mit ein, etwa die Aufbereitung und Entsorgung von Betriebsflüssigkeiten oder Verschleißteilen.

Aufbauend auf den Erkenntnissen des Forschungsprojekts LithoRec (Recycling von Lithium-Ionen-Batterien) arbeiten wir an der Erweiterung der Batterielebensdauer und der Kreislaufführung der Batteriematerialien mit dem Ziel, Ressourcen zu schonen und Kosten zu senken. Mit Hilfe des Original-Austausch-Teile-Programms der Marke Volkswagen Pkw entstehen durch industrielle Aufbereitung hochwertige Austauschteile, die Ressourcen schonen und bei gleicher Qualität, Funktionalität und Garantie durchschnittlich 40 % preisgünstiger sind als die entsprechenden Neuteile.